Sommerferien 2020: Zwei Mal über die Alpen – Teil 1

Im Sommer 2020 verbrachten wir unsere Sommerferien mit Merceditas Caraguatá, La Contienda Campos de Espartillo (unsere Evita) im Kanton Graubünden. Mit dabei war selbstverständlich auch unser Hund Tucker. Unser Ziel war es, innerhalb von zwei Wochen einmal von Chur aus bis an die italienische Grenze hin- und wieder zurückzureiten. Den Bericht über diesen Wanderritt sind wir euch seit langem schuldig.

LEtzte Vorbereitungen

Die Ausrüstung war komplett und im Vorfeld gut erprobt: Für beide Pferde hatten wir Knotenhalfter, die wir unter den Zaumzeugen anliessen. Anja nahm ihren Wanderreitsattel und Walter hatte, wohl als erster Mensch überhaupt, seinen Recado, also den südamerikanischen Gauchosattel, fürs Reiten in den Alpen umgebaut. Beide Pferde trugen hintere Packtaschen und Mantelrollen, an Anjas Sattel waren zusätzlich vordere Packtaschen dran. Rein kamen Isomatten und Schlafsäcke, die allernötigste Wechselkleidung, ein kleines Necessaire, minimales Putzzeug, Trinkflaschen und natürlich ein Deckchen für Tucker!

Am Tag vor der Abreise musste das alles auf die Packtaschen verteilt werden. Das klappte ganz gut, nur die Decke von Tucker wollte einfach nirgends reinpassen. Sie zuhause zu lassen, war natürlich keine Option! Nach einigem Hin- und Herpacken hatten wir alles untergebracht. Nun hiess es anspannen, Pferde verladen und nach Trimmis, unserem Ausgangspunkt, fahren. Merceditas und Evita bekamen dort am Abend noch eine grosszügige Kraftfutterration mit Karotten und wir wurden von Anjas Eltern bekocht.

Etappe 1: Trimmis > Scära

An unserem ersten Tag ritten wir von Trimmis erst nach Stams hoch, wo wir zunächst einen Tee brauchten, um uns wieder aufzuwärmen. Es nieselte den ganzen Morgen und es fröstelte uns. Von Stams aus ritten wir über die Alp Zanutsch runter zur Alp Laubenzug. Diese Strecke waren wir vorher schon geritten. Damals standen wir vor einigen Schwierigkeiten, von denen wir hier erzählen. Ein Problem war damals, dass wir auf dem Aufstieg von der Alp Laubenzug auf einen Weg gerieten, der mit Pferd kaum machbar ist. Das eine Mal ging es gut, doch wiederholen wollten wir es nicht. Daher ritten wir dieses Mal über den Chadschlag nach Scära hoch. Ein sehr anstrengender – und wohlgemerkt bereits der zweite – Aufstieg, den die Pferde gut meisterten. Nach dreieinhalb Stunden Reitzeit kamen wir in Scära an, wo wir wahnsinnig herzlich von Corina und ihrer Familie empfangen wurden. Wer immer in der Gegend um Landquart ist, sollte unbedingt in ihrem Berghaus vorbeischauen. Corina, die selber reitet, beherbergt eigentlich keine Leute über Nacht, aber sie war von unserem Ritt so begeistert, dass wir bei ihr und ihrer Familie übernachten durften. Für die Pferde war schon eingezäunt, der Grill bereits angeworfen und wir fühlten uns wie zu Besuch bei Verwandten. Am Abend sassen wir noch lange zusammen, tranken ein Bier, brüteten im Schein der Gaslampe über Karten und überlegten, wo man wohl sonst überall noch hinreiten könnte.

Etappe 2: Scära > Klosters

Am nächsten Tag hatte Corina, noch bevor wir aufgestanden waren, für die Pferde schon umgezäunt, damit Merceditas und Evita vor der zweiten Etappe noch mal ausgiebig grasen konnten. Zunächst mussten wir länger auf einer Teerstrasse hinunter bis Pragg im Prättigau. Das sind immer die Streckenabschnitte, die sich wie eine Ewigkeit anfühlen. Von Pragg aus ging es parallel zur Landquart das Prättigau hoch. Das schlechte Wetter hatte sich verzogen und es wurde wärmer.

Merceditas und Evita waren top trainiert und schon am zweiten Tag hatten sie ihren Rhythmus gefunden. Wir ritten die Strecke in fünf Stunden, versorgten dann die Pferde in Klosters und gingen etwas essen.

Etappe 3: Klosters > Davos

Am dritten Tag hatten wir nur eine kurze Etappe geplant, denn am folgenden Tag würde uns ein sehr anstrengender Streckenabschnitt bevorstehen. Wir ritten von Klosters über den Wolfgang nach Davos. In Davos trafen wir nach zweieinhalb Stunden Reitzeit Anjas Bruder und seine Familie. Sie begrüssten uns schon beim Einritt nach Davos am Strassenrand! Kurz vor dem Stall durften Anjas Neffen dann auch mal für ein paar Meter aufsteigen und schon ein bisschen Wanderreitluft schnuppern.

Für Evita und Merceditas hatten wir zwei sehr schöne grosse Boxen in einem riesigen Stall, den sie für sich alleine hatten, da alle Pensionspferde auf der Alp waren. Sie bekamen eine grosse Ladung Heu und wir gingen ins Dorf, damit sie ihre Ruhe hatten, um sich von den ersten drei Tagen erholen zu können.

Etappe 4: Davos > Susch

Der vierte Tag hatte es in sich. Die Temperaturen waren weiter gestiegen und wir hatten den Flüela vor uns. Die Strecke kannten wir bereits. Zwei Wochen vorher waren wir über den Flüela gewandert, um einschätzen zu können, welche Wege sich für Pferde eignen. Wir machen das häufig, wenn wir bei Wegen unsicher sind, ob sie mit Pferd machbar sind. Tatsächlich eignet sich der Wanderweg vom Flüela ins Engadin runter mit Pferd weder zum Reiten noch zum Führen.

Auf dem Weg auf den Flüela hoch konnten wir wunderschönen Pfaden folgen und wir kamen gut voran. Ursprünglich hatten wir geplant, uns auf dem Flüelapass mit einer Rösti zu belohnen. Da es aber sehr heiss war und wir auf dem Weg runter ins Engadin eine längere Strecke auf der Strasse reiten mussten, entschieden wir uns, nach einer kurzen Pause im Schatten, gleich weiterzureiten.

Tatsächlich wurde der Weg ins Engadin sehr anstrengend. Unsere Pferde sind absolut verkehrssicher, doch leider wissen nicht alle Autofahrer, wie man Pferde auf einer Passstrasse überholen soll, so dass wir vom Sattel aus den Verkehr regeln mussten. Zudem brannte die Sonne auf uns nieder, was für alle eine Herausforderung war, doch besonders schwierig für Tucker. Umso erleichterter waren wir, als wir endlich von der Teerstrasse weg und schliesslich in den Wald und an einen Bach kamen. Nach knapp fünfeinhalb Stunden Reitzeit erreichten wir erschöpft Susch im Unterengadin.

Etappe 5: Susch > Scuol

Am fünften Tag folgten wir dem Engadiner Höhenweg von Susch über Guarda und Ftan, dann runter nach Scuol und auf der anderen Talseite hoch nach San Jon, wofür wir knapp fünf Stunden brauchten.

Wir kamen zügig voran. Die Pferde hatten auf dem ganzen Ritt eine Durchschnittsgeschwindigkeit um die 6km/h und das komplett im Schritt. Auf dieser Etappe war es aber wieder sehr heiss und es gab kaum Schatten. Tucker hatte spätestens im Engadin gelernt, nicht nur an jedem Bach oder Brunnen zu trinken, sondern gleich reinzuspringen (was er bis heute beibehalten hat). Die Pferde brauchten ein paar Anläufe, aber sie gewöhnten sich recht schnell daran, dass ein Hund in ihrem Getränk schwimmt. Das ist für uns etwas vom Schönsten am Wanderreiten: Wie wir und unsere Tiere als Gruppe zusammenwachsen.

Etappe 6: Scuol > Sta. Maria Val Müstair

In San Jon bekamen die Pferde eine wunderschöne Weide mit extra Heu und Kraftfutter und wir wurden fürstlich bewirtet. Wer noch nie in San Jon war, dem können wir es nur empfehlen.

So starteten wir am sechsten Tag erholt unsere Tour ins Münstertal. Von San Jon ging es erst das Tal nach S-Charl hoch und von dort stieg der Weg sanft an bis zur Alp Astras. Auf Astras machten wir eine kurze Mittagspause und ritten dann weiter durch den God Tamangur, den höchstgelegenen zusammenhängenden Arvenwald Europas und ein wunderschönes Fleckchen Erde.

Bald hatten wir den höchsten Punkt erreicht und begannen den Abstieg ins Münstertal. Zufrieden damit, wie gut wir vorangekommen waren, kehrten wir auf der Alp Champatsch ein. Wir waren ja quasi schon im Münstertal. Weit gefehlt! Wir hatten nicht auf dem Schirm, wie viel tiefer der Talboden liegt.

Der Abstieg dauerte dementsprechend viel länger, als wir oben noch dachten. Nach fünfeinhalb Stunden Reitzeit erreichten wir endlich Sta. Maria und die Pferde kamen sofort auf eine grosse Weide. Für uns selber hatten wir keinen Übernachtungsplatz, denn klar, zuerst wird etwas für die Pferde gesucht und irgendwas wird sich schon finden… allerdings nicht im ersten Corona-Sommer. Deshalb blieb für uns nur ein Carport, aber das Frühstück, zu dem wir eingeladen wurde, entschädigte dafür allemals.

Etappe 7: Sta. Maria Val Müstair > Buffalora

Am nächsten Tag stand die südlichste Tour an, die uns bis an die italienische Grenze heranführte. Von Sta. Maria ritten wir hoch ins Val Mora, ein Ort, an dem jeder Wanderreiter mal gewesen sein muss! Auf der Alp Mora machten wir eine kurze Pause und ritten weiter eine steile Anhöhe hoch auf Juf Plaun, eine wunderschöne Hochebene, und von dort wieder runter nach Buffalora. Auf der Alp Buffalora stiegen wir ab, ganz stolz auf unsere Leistung, stoppten Komoot und merkten erst dann, dass uns noch einige Meter zum Restaurant und Hotel Buffalora fehlten. Also wieder aufsteigen! Nach insgesamt vier Stunden Reitzeit kamen wir dann am richtigen Ort an. Dort durften wir für die Pferde einen Bereich gleich hinter dem Restaurant abzäunen und die beiden bekamen ihre wohlverdiente Pause.

Am Abend nahmen wir das Postauto hoch auf den Ofenpass, assen dort, während es draussen heftig hagelte, und waren froh, als wir zurückkamen und merkten, dass unsere Pferde vom Hagel verschont geblieben waren.

Wir hatten es also bis an die Kantonsgrenze geschafft. Jetzt mussten wir nur noch zurück, was wir dabei erlebt haben, erzählen wir hier.

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